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ankömmlinge. Nick drehte sich gerade zu ihm um
und schaute ihm geradewegs in die Augen.
»Nick?!« fragte Merlin ungläubig. »Bist du es
wirklich?« Offensichtlich hatte ihn das Piratenko-
stüm keinen Moment täuschen können.
Nick warf ihm einen flehenden Blick zu. »Ich
will nicht, daß jemand erfährt, daß ich zurück
bin«, sagte er widerstrebend. »Die Elfen würden
sofort eine Party geben wollen. «
»Nick«, sagte Merlin traurig. »Hier findet doch
gerade in diesem Moment eine Party statt. Siehst
du denn das gar nicht?«
»Oh«, sagte Nick verblüfft und sah sich noch-
mals um. Dann verstand er, was Merlin meinte.
Die Elfen hatten sich hier versammelt, um dort
wieder anzuknüpfen, wo sie vor vielen Jahren aus
Gründen von Rationalisierung und Produktions-
steigerung hatten aufhören müssen: Bei der von
innen kommenden Fröhlichkeit, die gar nicht an-
ders konnte, als sich in jeder Handlung zu offenba-
ren. Sie fand ihren Ausdruck sowohl in leicht von
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der Hand gehender Arbeit als auch in spontanen
Zusammenkünften, die sich schnell zu fröhlichen
Festen steigerten, ohne dabei allerdings je die
Grenze zum Übermut zu überschreiten. Nick
konnte sich kaum noch daran erinnern, wann er
das letzte Mal ein solches Fest gesehen hatte mit
gelösten Gesichtern, lachenden Männern und
Frauen, grotesk verkleideten Elfen mit ihrer Lust
zur kunstvollen Verkleidung und in Brett- oder
Kartenspiel vertiefte Gruppen, die ihrem Spiel-
trieb freien Lauf ließen. Es war eine bunt gemisch-
te Gruppe, in der jeder tat, was er wollte und doch
mit seiner Handlung zur Gemeinschaft beitrug.
»Es sieht alles ... so friedlich aus«, sagte Nick,
und die Verwunderung in seiner Stimme war un-
überhörbar. »Als ich gegangen bin, war das hier
noch ein Parkplatz.«
»Und bevor es ein Parkplatz war, war es eine
Eislaufbahn«, erklärte Merlin. »So soll es nun auch
wieder sein.«
Nick zuckte mit den Achseln. »Von mir aus. Ich
denke, daß wir sowieso einiges ändern müssen.«
Er suchte nach den richtigen Worten, aber in Mer-
lins Augen erkannte er, daß ihn der weise Elf auch
so verstand.
»Es wird alles so kommen, wie es kommen
muß«, antwortete Merlin rätselhaft. »Aber ich
kann nicht gerade sagen, daß ich mich freue, dich
zu sehen. Jedenfalls nicht im Moment.«
Nick biß sich auf die Lippen. »Das verstehe ich
ja«, sagte er. »Aber vielleicht weißt du ja auch noch
nicht alles.« Er legte die Hand auf Virginias Schul-
ter und schob sie ein Stück vorwärts. »Das hier ist
Virginia. Sie ist der Grund, warum wir schon jetzt
gekommen sind.«
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Merlin lächelte Virginia freundlich an. »Es freut
mich, dich persönlich kennenzulernen.« Er wand-
te sich wieder Nick zu und fragte kurz: »Und?«
»Und was?« fragte Nick irritiert zurück.
»Warum bist du nun wirklich vor der Zeit ge-
kommen?«
»Weil, weil ...« Wären die Katzenfrauen dage-
wesen, hätte er ihnen einen hilfesuchenden Blick
zugeworfen. Und sie hätten ihm aufmunternd zu-
genickt und damit Mut gemacht, seinen einmal
eingeschlagenen Weg nicht aufzugeben. Aber so
mußte er ganz allein damit fertig werden, und das
paßte ihm gar nicht. »Virginia hat die vierte Prü-
fung bestanden«, fuhr er schließlich in fast trotzi-
gem Tonfall fort.
Merlin sah ihn einen Herzschlag lang traurig an,
als hätte er eine intelligentere oder auch nur tiefer-
gehende Erklärung erwartet. Doch dann wandte
er sich wieder mit einem freundlichen Lächeln an
Virginia. »So, du hast also Prüfung Nummer vier
bestanden und Rico damit sehr geholfen. Sehr
gut.«
»Woher weißt du von Rico?« fragte Virginia
überrascht.
Merlin holte aus seinem Gewand eine Kristall-
kugel hervor, die der bis aufs Haar glich, die Nick
benutzt hatte, um mit Kobo und Carla in Kontakt
zu treten. »Ich habe von Zeit zu Zeit mal einen
Blick riskiert. Wirklich gut gemacht, Virginia, und
das ohne jeden Hintergedanken auf eine Beloh-
nung.«
»Was für eine Belohnung?« fragte Virginia ver-
blüfft.
»Nun, jede Tat zieht irgend etwas nach sich«,
erklärte Merlin freundlich. »Etwas Gutes oder et-
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was Schlechtes. Vielleicht auch nur etwas Belang-
loses.«
»Ich verstehe nicht ...«, sagte Virginia unsicher.
»Oh, es ist im Grunde genommen ganz einfach.
Nimm diesen Mann hier ...« Er deutete auf Nick.
»Dieser Mann war einst voll Liebe, gab mit beiden
Händen und erhielt mit beiden Händen. Doch
dann wurde sein Herz zu Stein, und er kann sich
glücklich schätzen, daß er nicht gesteinigt wurde.
Obwohl«, fuhr er traurig fort, »in gewisser Weise
wurde er es sogar.«
»Er ... er wurde bestraft?« fragte Virginia.
»Nein.« Merlin schüttelte entschieden den
Kopf. »Er wurde nicht bestraft. Vielleicht bestraft
er sich selber. Aber das ist nicht der Punkt. Es pas-
sierte ganz einfach das, was passieren mußte.«
»Das ist ... traurig«, meinte Virginia.
»Ja, das ist es«, sagte Merlin ernsthaft. »Aber
auch ein versteinertes Herz kann sich wieder öff-
nen. Und dann, wenn es wirklich und echt ist,
wird es auch belohnt. Genauso, wie auch du be-
lohnt werden wirst, Virginia.«
»Und meine Belohnung ist, daß ich wirklich
und wahrhaftig den Weihnachtsmann kennenler-
nen werde?« fragte Virginia.
»Nein«, antwortete Merlin. »Denn der Weih-
nachtsmann hat schon immer in deinem Herzen
gewohnt. Er könnte dir auch jetzt nicht näher
sein.« Merlin streifte sich den Beutel von der
Schulter, der die ganze Zeit über unauffällig neben
seinem Arm gebaumelt hatte. »Etwas, was mit die-
ser Belohnung zu tun haben könnte, habe ich hier
in diesem Beutel«, fuhr er fort und kramte in dem
Beutel.
»Was ist es?« fragte Virginia aufgeregt.
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»Nur mit der Ruhe«, lächelte Merlin. »Aber ich
will es dir gerne sagen: Wenn du zum Elfen ge-
worden bist ... bekommst du dein eigenes Paar El-
fenstiefel.« Er brachte ein Paar mit Glöckchen ver-
zierter Stiefel zum Vorschein, aufwendig gearbei-
tet und doch schlicht und so fernab von jedem mo-
dischen Schnickschnack, daß sie wie ein Relikt aus
der Ewigkeit wirkten, aus einer Zeit, die noch kei-
ne Hetze, sondern Verbundenheit mit der Natur
gekannt hatte.
»Whow«, machte Virginia. »Ich habe noch nie
Elfenstiefel gesehen. Ich wäre sehr glücklich,
wenn ich solch ein Paar hätte.«
»Um wieder auf den Boden der Tatsachen zu-
rückzukommen«, sagte Nick, wobei er sich dar-
über ärgerte, wie schroff seine Stimme klang, »da
sind zunächst noch drei weitere Aufgaben, die du
zu meistern hast, Virginia.«
»Allerdings «, sagte Merlin ernsthaft, und ein
fast unmerklicher Schatten legte sich über sein
freundliches Gesicht. »Und es dürfte nicht gerade
einfach sein, in der noch verbleibenden Zeit diese
Aufgaben zu lösen. Du hast dir leider etwas viel
Zeit gelassen, Nick.«
»Immerhin ist die vierte Aufgabe schon ge-
löst«, sagte Nick mürrisch. Es ärgerte ihn, daß
Merlin den Besserwisser spielte. Er wußte mittler-
weile selber sehr genau, daß er in den letzten Jah-
ren auf den falschen Weg geraten war, aber des-
wegen brauchte Merlin ihm das nicht auch noch
in Virginias Beisein groß unter die Nase zu rei-
ben. »Ich dachte mir, Virginia ist das, was der
Doktor verordnet hat, um Roccos Sohn zu hel-
fen«, sagte er schließlich in einem etwas versöhn-
licheren Ton.
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